Stärkere Kontrollen - Bundespolizei in Brandenburg prüft Kräfteverstärkung an Grenze zu Polen
Unmittelbar nach seinem Amtsantritt hat Bundesinnenminister Dobrindt mitgeteilt, dass die Kontrollen an den Grenzen verschärft werden. Die brandenburgische Bundespolizei prüfe nun den höheren Einsatz an den Übergängen zu Polen.
Die Bundespolizei prüft, die Einsatzkräfte an der brandenburgischen Grenze zu Polen zu verstärken. Man prüfe stetig "die Kräfteintensivierung" und setze diese um, sagte eine Sprecherin der Bundespolizei am Donnerstag mit Blick auf Brandenburg. Auf Weisung des Bundesinnenministeriums soll an deutschen Grenzen Asylsuchenden unter Umständen die Einreise verweigert und die Zurückschiebung in ein "sicheres Drittland" verfügt werden.
Ob es nach der Ministeriumsweisung bereits Zurückweisungen an der Grenze gegeben habe, ließ die Sprecherin offen. Die Maßnahmen seien der Lage angepasst und würden rund um die Uhr durchgeführt. Laut einem dpa-Reporter war die Lage am Morgen an der Grenze zu Polen in Frankfurt (Oder) unauffällig.
Der neue Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat wie angekündigt als erste Amtshandlung die Zurückweisung von Asylbewerbern an den deutschen Grenzen angeordnet. Er nehme eine gegenteilige Weisung aus dem Jahr 2015 zurück, sagte Dobrindt wenige Stunden nach der Übernahme des Amts von Vorgängerin Nancy Faeser (SPD) am Mittwochnachmittag in Berlin. Dies sollte nach seinen Worten noch am selben Tag geschehen.
Detailfragen im Koalitionsvertrag nicht geklärt
Im Koalitionsvertrag von Union und SPD ist vereinbart: "Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen." Zwischen Union und SPD ungeklärt ist aber, ob "in Abstimmung" bedeutet, eine Zustimmung der Nachbarn einzuholen oder sie lediglich zu konsultieren.
Dobrindt: "Signal, dass sich die Politik in Deutschland geändert hat"
Dobrindt zufolge soll es nun bei den Zurückweisungen Ausnahmen geben. Kinder, schwangere Frauen und andere vulnerable Gruppen würden nicht zurückgewiesen, sagte er. Er wolle aber "Stück für Stück" dafür sorgen, "dass die Überforderung geringer wird", sagte er. Zudem gehe es auch um das "Signal, dass sich die Politik in Deutschland geändert hat", so der neue Innenminister.
Mehr Personal angekündigt
Dobrindt kündigte am Mittwoch an, dass für die Umsetzung in den nächsten Tagen die Polizeipräsenz an den deutschen Grenzen erhöht werden soll. Bereits seit September 2024 gibt es an allen Landgrenzen Deutschlands Grenzkontrollen.
Andreas Broska, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei Berlin-Brandenburg, gab gegenüber dem rbb an, er habe schon am Mittwochvormittag an der Stadtbrücke in Frankfurt (Oder) mehr Präsenz beobachtet. "Die Kollegen sind heute in größerer Anzahl hier vertreten, als es beispielsweise in den vergangenen Tagen oder Wochen der Fall war", so Broska.
Unsicherheit unter Grenzpolizisten
Polizeigewerkschafter Broska berichtete zudem von einer Unzufriedenheit und Unsicherheit unter den Beamten, da noch vieles im Unklaren sei. "Denn bisher ist es noch umstritten, was die Zurückweisung von Asylgesuch-Bewerbern angeht, ob sie in Abstimmung mit den Nachbarstaaten zurückgenommen werden dürfen, ob europäisches Recht jetzt über nationalem Recht steht", sagte Broska. Die Bundespolizisten erwarteten klare rechtliche Richtlinien und Anweisungen vom Bundesinnenministerium.
Zudem seien schon jetzt viele Beamte überlastet. Bereits seit Oktober 2023 gibt es unter anderem an der deutsch-polnischen Grenze verstärkte Kontrollen. Seitdem habe sich die Belastung für die Bundespolizei intensiviert, so Broska. Durch eine dauerhafte Verschärfung der Maßnahmen werde diese Belastung voraussichtlich weiter steigen. "Über ein paar Wochen kann man reden", sagt Broska. "Aber über Monate oder Jahre: Das ist einfach nicht umsetzbar."
Merz und Dobrindt mit "Muskel-Gehabe"
Kritik an den Plänen für verstärkte Kontrollen kommt von der Linken. Freizügigkeit in Europa habe bislang anders ausgesehen, sagt deren innenpolitische Sprecherin und Bundestagsabgeordnete Clara Bünger. "Das ist männliches Muskel-Gehabe, sich dahin zu stellen und zu sagen, das Personal zu verdoppeln, wenn wir doch wissen, dass die Menschen, die hier ankommen und Schutz suchen, auch tatsächlich in ein geordneten Asylverfahren kommen können sollen", so Bünger. "Aber hier die Menschen zurückzuweisen, ist das Gegenteil davon, Stärke zu zeigen. Das ist ein Einknicken, weil es auch heißt, dass man die Rechtsstaatlichkeit nicht mehr respektiert."
Verein fürchtet um Rechte von Geflüchteten
Ähnlich harsch fällt die Bewertung von Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher des Vereins "Pro Asyl". Er geht davon aus, dass es durch die Kontrollen mehr Zurückweisungen geben wird. Dadurch werde auch der rechtliche Zugang zu Asylverfahren verhindert und deutsches Recht sowie europäischen Vereinbarungen ignoriert. "Wir haben ein Asylgesetz und eine zuständige Behörde, die die Asylanträge von Geflüchteten überprüfen sollen", so Alaows. "Das kann nicht innerhalb von fünf Minuten von Bundespolizisten hier an der Grenze durchgeführt werden."
Die nach EU-Recht zeitlich befristeten Grenzkontrollen waren an der Grenze zu Österreich bereits 2015 eingeführt und von der Ampel-Regierung schrittweise auf alle Grenzabschnitte ausgeweitet worden. Mitte Oktober 2023 wurden temporäre Kontrollen für die Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz angeordnet.
Im vergangenen Jahr stellten 229.751 Menschen in Deutschland einen Asyl-Erstantrag. Das waren rund 100.000 Anträge weniger als im Jahr zuvor. Zu den häufigsten Herkunftsländern gehören derzeit Syrien, Afghanistan und die Türkei.
Sendung: Antenne Brandenburg, 07.05.2025, 15:40 Uhr