Streit um Verfassungsschutz - Brandenburger Innenministerin war über AfD-Hochstufung frühzeitig informiert
Brandenburgs Innenministerin soll erst am Montag über die Höherstufung der AfD informiert worden sein. Nach rbb-Informationen hatte es aber vorher bereits Gespräche zwischen ihr und der Verfassungsschutzleitung gegeben. Die Brandenburger CDU beantragt Akteneinsicht.
Innenministerin Katrin Lange (SPD) war über die Pläne des Verfassungsschutzes, die AfD in Brandenburg als gesichert rechtsextremistisch einzustufen, offenbar doch umfänglich informiert. Dies zeigen Hinweise von rbb|24 Recherche aus Kreisen des Ministeriums. Der Ministerin sei auch ein Ausdruck des Berichts mit mehreren hundert Belegen vorgelegt worden, die eine Neubewertung rechtfertigten.
Die Brandenburger CDU-Fraktion teilte am Donnerstag mit, der Kommunikation zwischen dem entlassenen Chef des Verfassungsschutzes und der Innenministerin auf den Grund gehen zu wollen. Es gebe den Verdacht, dass Katrin Lange - anders als von ihr behauptet - Informationen zur Hochstufung der Landes-AfD als gesichert rechtsextrem weit vor dem 5. Mai vorlagen. Deshalb habe die Fraktion nun Akteneinsicht beim Innenministerium beantragt, wie die Fraktion mitteilte.
"Die Ausführungen der Ministerin gestern im Innenausschuss, von dem Vorgang der Hochstufung nichts gewusst zu haben, halte ich für nicht glaubwürdig", sagte der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Rainer Genilke, laut der Mitteilung. Mit der Akteneinsicht erhoffe er sich mehr Transparenz und werde den Vorgängen jetzt auf den Grund gehen. "Wären die Aussagen der Ministerin nicht wahrheitsgemäß, hätte sie ihrem Amt und ihrer persönlichen Glaubwürdigkeit schweren Schaden zugefügt, der nicht ohne Konsequenzen bleiben könnte."
Lange verteidigt Rauswurf
Lange hatte am Dienstag den Leiter des Verfassungsschutzes, Jörg Müller, in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Als Grund führte sie fehlendes Vertrauen an. Müller habe die AfD Mitte April intern als gesichert rechtsextrem eingestuft, sie aber erst am Montag darüber in Kenntnis gesetzt. Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa hatte Müller beteuert, er habe sich "nichts vorzuwerfen".
Im Innenausschuss des Landtages am Mittwoch hatte Lange eingeräumt, es habe "selbstverständlich Gespräche gegeben". Dass die Arbeit über die Höherstufung aber abgeschlossen sei, sei ihr erst am Montag "zur Kenntnis gelangt." Ein Sprecher des Innenministeriums sagte am Mittwoch auf Anfrage von rbb|24, dass der Hausleitung bis zum Wochenende unbekannt gewesen sei, dass auch der Abteilungsleiter des Verfassungsschutzes Entscheidungen über eine Einstufung alleine treffen konnte. Das sei bis 2023 anders gewesen.
Die SPD-Fraktion im Brandenburger Landtag stellt sich in der Debatte über das Vorgehen des Landesverfassungsschutzes hinter Innenministerin Katrin Lange.
Vizefraktionschef Erik Stohn sagte am Donnerstag im rbb24 Inforadio, die Ministerin hätte zügig darüber informiert werden müssen, dass der Verfassungsschutz die Brandenburger AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft hat. Stohn betonte, inhaltlich gebe es keine Differenzen zwischen Lange und dem Chef des Verfassungsschutzes, Jörg Müller. Es habe da aber eine Kommunikationspanne gegeben.
Jusos: Erwarten handlungsfähige Sicherheitsbehörden
Die Parteijugend der Sozialdemokraten, die Jusos, nannten die Entlassung von Müller "ein denkbar schlechtes Zeichen in Zeiten, in denen wir im Kampf gegen die Demokratiefeinde gemeinsam stehen müssen". "Wir erwarten handlungsfähige Sicherheitsbehörden, die auf Grundlage der neuen Erkenntnisse arbeiten, um unsere Verfassung zu schützen und den gesichert rechtsextremen Demokratiefeinden entschlossen entgegenzutreten", sagte der Juso-Landesvorsitzende Leonel Richy Andicene.
Die Innenministerin müsse nun umso mehr sicherstellen, dass ihr Haus die gesichert rechtsextreme AfD weiterhin beobachten könne, sagte die SPD-Landtagsabgeordnete Annemarie Wolff.
Grüne: Rauswurf eines Kämpfers gegen Rechtsextremismus
Die Grünen, die nicht im Landtag vertreten sind, kritisierten, für sie stelle sich die Entlassung weiterhin "wie ein politisch motivierter Rauswurf eines anerkannten Fachmannes und Kämpfers gegen Rechtsextremismus" dar. Die frühere Linke-Landtagsabgeordnete Isabelle Vandre warf Lange vor, sie geriere sich seit Monaten mit immer härteren Forderungen in der Migrationspolitik als Stichwortgeberin für den Rechtspopulismus.
Sendung: Brandenburg Aktuell, 08.05.20205, 19:30 Uhr
Die Kommentarfunktion wurde am 08.05.2025 um 17:12 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.