Jörg Müller - Brandenburger Verfassungsschutz-Chef entlassen

Di 06.05.25 | 19:20 Uhr
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Archivbild: Jörg Müller, Leiter des Verfassungsschutzes in Brandenburg, aufgenommen am 04.08.2023 bei einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. (Quelle: dpa-Bildfunk/Monika Skolimowska)
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Der Leiter des Brandenburger Verfassungsschutzes, Jörg Müller, muss überraschend seinen Posten räumen. Grund dafür ist laut Innenministerin Lange fehlendes Vertrauen. Die genauen Hintergründe sind unklar.

Die Brandenburger Innenministerin Katrin Lange (SPD) hat den Leiter des Verfassungsschutzes Jörg Müller mit sofortiger Wirkung von der Führung der Dienstgeschäfte entbunden. Müller soll in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden, wie das Innenministerium am Dienstag mitteilte.

Das "notwendige Vertrauen für eine gemeinsame weitere Zusammenarbeit" sei nicht mehr gegeben, hieß es in einer Mitteilung des Ministeriums. Weitere Erläuterungen zu den Umständen werde das Innenministerium am Dienstag nicht geben, teilte es auf rbb-Nachfrage mit.

Die Leitung der Verfassungsschutzabteilung soll demnach im Juli neu besetzt werden. Bis dahin wird die Abteilung der Mitteilung zufolge vom stellvertretenden Leiter Axel Heidrich geführt.

Müller: "Habe mir nichts vorzuwerfen"

Jörg Müller sagte der Deutschen Presse-Agentur nach seiner Entlassung: "Ich habe mir nichts vorzuwerfen."

Seit 2001 war der 52 Jahre alte Diplom-Verwaltungswirt im Brandenburger Innenministerium beschäftigt. Seine Laufbahn begann er in der Verwaltung des Polizeipräsidiums. Danach war er mehrere Jahre beim Verfassungsschutz in der Leitungsebene tätig. 2020 übernahm er den Chefposten.

Der politische Beamte war von Langes Vorgänger, CDU-Innenminister Michael Stübgen, ernannt worden. Dieser hatte zuvor Müllers Vorgänger Frank Nürnberger ebenfalls wegen "fehlenden Vertrauens" von seiner Aufgabe entbunden.

Gespräche über Umgang mit AfD zwischen Müller und Lange

Die überraschende Entscheidung kommt in einer Zeit, in der über den Umgang mit der AfD und der Einstufung diskutiert wird. In der vergangenen Woche hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft. In Brandenburg bewertet der Verfassungsschutz die Landes-AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall.

Nach der Neueinstufung auf Bundesebene hatte es Gespräche zwischen Müller und Innenministerin Lange gegeben mit Blick auf die Bewertung der AfD in Brandenburg. Ob es dabei zu konkreten Verwerfungen zwischen Lange und Müller kam, blieb bislang unklar.

Bericht über zurückgezogene Hochstufung der AfD

Im Dezember 2024 berichteten WDR, NDR und "Süddeutsche Zeitung", es habe im Verfassungsschutz Brandenburg konkrete Pläne gegeben, die Hochstufung der AfD im November vorzunehmen. Wegen der vorgezogenen Bundestagswahl und dem Eindruck einer Einflussnahme der Politik sei dies aber gestoppt worden. Damals hatte das Innenministerium dazu lediglich gesagt, die Einstufung des AfD-Landesverbandes Brandenburg unterliege der kontinuierlichen Prüfung seit 2020. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ordnet der jeweilige Landes-Verfassungsschutz die Partei bereits als gesichert rechtsextremistisch ein.

Müller trat zuletzt in Erscheinung mit dem Vorhaben, eine neue Neonazi-Bewegung in Brandenburg ins Visier nehmen zu wollen. Er sprach Mitte April von "gewaltbereiten, subkulturellen Nationalsozialisten". Zudem hatte sich Müller für ein Verbot rechtsextremer Chatgruppen ausgesprochen, in denen sich junge Neonazis vernetzen. "Eine verfassungsfeindliche Chatgruppe, die einen Administrator und Zugangsvoraussetzungen hat, fällt für mich unter den Vereinigungsbegriff - und sollte daher auch verboten werden können", sagte Müller im Interview mit "Stern" und RTL im April.

Brandenburger CDU-Fraktionschef verwundert über Entscheidung

Der Brandenburger CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Redmann zeigte sich irritiert von der Entlassung Müllers. "Der bisherige Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz, Herr Müller, genoss parteiübergreifend ein sehr hohes Ansehen", so Redmann. "Insofern überrascht und, ich muss auch ehrlich sagen, verwundert mich dieser Schritt der Innenministerin außerordentlich."

Auch die Brandenburger Grünen, die bei der Ernennung Müllers mitregierten, jetzt aber nicht mehr im Landtag sitzen, rätselten in einer Mitteilung am Dienstag: "Möglicherweise war Müller der Ministerin zu konsequent in seiner Einschätzung rechtsextremer Tendenzen - und der nun anstehende Verfassungsschutzbericht zu deutlich in der Bewertung."

Der Landesverfassungsschutz in Brandenburg ist formell eine Abteilung des Innenministeriums und keine eigenständige Behörde. Deren Leiter ist deshalb auch kein Präsident. Der Verfassungsschutz ist der Inlandsgeheimdienst und hat verschiedene Aufgaben. Dazu gehören die Beobachtung demokratie- und verfassungsfeindlicher Bestrebungen sowie die Terror- und Spionageabwehr.

Sendung: rbb24, 06.05.2025, 19:35 Uhr

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21 Kommentare

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  1. 21.

    Eine Begründung sollte Frau Müller schon auch angeben

  2. 20.

    Weil sie gegen Mitarbeiter vorgeht die sich gegen Rechtsextremismus engagieren?

    Ihr Wunsch erscheint doch sehr durchsichtig.

  3. 19.

    "Fehlendes Vertrauen" hat in der Regel eben keine sachlichen Gründe, da ansonsten disziplinarrechtliche Maßnahmen ergriffen würden. Dies ist lediglich eine Floskel des politischen Führungspersonals, wenn Ergebnisse der Beamten nicht den eigenen Erwartungen entsprechen. Es kann genau so gut sein und ist es sehr oft auch, dass einfach die Erwartung falsch und nicht erfüllbar ist. Solcher unliebsamer Spitzenbeamter können sich Minister dann nur mittels Versetzung in den einstweiligen Ruhestand entledigen. In der Politik geht damit, was sonst nirgends möglich ist. Man entledigt sich eines unliebsamen Untergebenen durch Ruhestand und setzt einen gefügigeren Beamten auf diese Position.

  4. 18.

    Schon der Ansatz, heute/sofort nichts dazu zu sagen, warum dieser Schritt notwendig sei, spricht doch Bände und hat nichts mit Transparenz zu tun. Da muss man wirklich gespannt sein, was da als Begründung nachgeschoben wird.

  5. 17.

    Danke für die Infos aus dem Nähkästchen. Ähnliches dachte ich mir schon, seit Frau Lange Innenministerin ist.
    Da kommen sich noch ein paar Schnitzer von ihr.

  6. 16.

    Er sprach Mitte April von "gewaltbereiten, subkulturellen Nationalsozialisten". Zudem hatte sich Müller für ein Verbot rechtsextremer Chatgruppen ausgesprochen, in denen sich junge Neonazis vernetzen. "Eine verfassungsfeindliche Chatgruppe, die einen Administrator und Zugangsvoraussetzungen hat, fällt für mich unter den Vereinigungsbegriff - und sollte daher auch verboten werden können"

  7. 15.

    Frau Lange hatte immer schon ein Problem mit Herrn Müller. Herr Müller ist einer der fähigsten Beamten im Innenministerium. Ihr Vor-Vorgänger Hr. Schröter hatte Herrn Müller zu seinem Büroleiter gemacht und der Nachfolger Hr. Stübgen zum Verfassungsleiter. Männer die wussten was Sie an Herrn Müller haben. Schon damals als Frau Lange noch Staatssekretärin unter Herrn Schröter war, hatte sie Probleme mit Herrn Müller.

  8. 14.

    Frau Lange mal wieder: etwas läuft nicht so, wie sie es sich wünscht und Schuld haben Andere. Das war schon so, als sie Finanzministerin war und man am Ende wochenlang nicht wußte, wie die Finanzlage ist.

  9. 13.

    Seit 2001 im Amt.Lange SPD seit 2024 im Amt.Der hat die Dame wohl gestört obwohl die gegen Neonazis Bewegung ins Visier genommen hat.Die Frau Lange hatte wohl ein Problem neben diesem fähigen und erfahrenen Mann zu bestehen.Die Verantwortungsverwahrlosung setzt sich fort.

  10. 12.

    "Wieso Ruhestand ????"

    Weil 1. das fehlende Vertrauen sicherlich seine Gründe hat und 2. freie Abteilungsleiterposten nicht auf den Bäumen wachsen. Es spricht aber nichts dagegen Herrn Müller wieder in der LV einzusetzen. War ja bei seinem Vorgänger auch so.

    Also nicht gleich wieder echauffieren, und stattdessen die Energie sinnvoller investieren.

  11. 11.

    Whow, was für eine Frau. Ich hoffe, sie wird unsere Ministerpräsidentin.

  12. 10.

    Mit 46 Jahren in den Ruhestand? Ich bin immer wieder empört . Wir brauchen echt andere Versorgungsgesetze für Beamte, Abgeordnete, Chefs des ÖRR usw. Da ist eine unzufriedene Chefin ja im wahrsten Wortsinne "Gold wert".

  13. 9.

    Einstweiliger Ruhestand - das ist also nur temporär und das Alter muss in etwa passen. Hätte er sich was ernsthaftes zuschulde kommen lassen, wäre es eine vorläufige Suspendierung. Ohne genauer zu wissen weshalb man ihn entlassen hat und ob er dagegen angeht, ist alles andere erstmal Spekulation. So spezialisierte und hochrangige Beamte kann man auch nicht so einfach schnell woanders einsetzen - es muss ja ein vergleichbarer Posten sein. Da ist das jetzt (vorerst) wohl die einfachere Lösung.

  14. 8.

    MP Lausitz und Frau Lange sind seit Jahren die erfolgreichen Wegbereiter des blaunen Brandenburgs. Wir haben gestern schon gerätselt, wann sich der Verfassungsschutz auflösen wird. Wenn niemand deren Einschätzungen ernst nimmt bzw. Konsequenzen zieht, dann braucht es tatsächlich dieses Amt nicht. Gruselig.

  15. 7.

    Weil das ein politischer Beamter ist.

    "Der kann doch in einer anderen Abteilung weiterarbeiten."

    Kann, muss aber nicht. Stichwort Vertrauensverhältnis.

    "Wird doch so st so gemacht. "

    Bitte was?


  16. 6.

    Vertrauensverlust muss begründet werden. Darauf bin ich jetzt gespannt.

  17. 5.

    Im Gegenteil, sowas gibt es nur in Deutschland, brauchen wir heutzutage nicht mehr da es immer von den machthabenden ausgenutzt wird, siehe jetzt wieder.
    Daran merkt man auch dass es natürlich weisungsgebunden ist.
    Ich kann denen nicht wirklich mehr Vertrauen.

  18. 4.

    So unabhängig ist der Vergassungsschutz von seinem Dienstherrn

  19. 3.

    Entbunden, da fragt man sich doch warum?
    Ist interessant zu lesen, gerade der Verfassungsschutz, der sollte da sein.
    Das eine Vertretung ist, ist sehr gut.
    Liebes RRB Team bitte informiert die Leute weiterhin,sie sollten wissen warum und wie es weitergeht.

  20. 2.

    Wieso Ruhestand ????
    Der kann doch in einer anderen Abteilung weiterarbeiten.
    Wird doch so st so gemacht.
    Steuerverschwendung !!!!!!

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