Holocaust-Überlebende - Trauer um Margot Friedländer: "Tief beeindruckende Persönlichkeit"

Sa 10.05.25 | 12:41 Uhr
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Archivbild: Margot Friedländer, Zeitzeugin, Holocaust-Überlebende und Ehrenbürgerin von Berlin, verlässt während einer Gedenkveranstaltung des Berliner Senats und Abgeordnetenhauses im Fest- und Wappensaal des Roten Rathauses nach einer Lesung aus ihrem Buch «Versuch, dein Leben zu machen» die Bühne. (Quelle: dpa/Gollnow)
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Audio: Radioeins | 10.05.2025 | Ricardo Westphal | Bild: dpa/Gollnow

Margot Friedländer überlebte die Shoa und warnte immer wieder vor einem Wiedererstarken des Rechtsextremismus. Nach ihrem Tod bekunden Politiker und Prominente ihre Anteilnahme. In einem Kondolenzbuch kann sie bald jeder würdigen.

Nach dem Tod von Margot Friedländer am Freitag haben Politiker und Prominente die Holocaust-Überlebende gewürdigt. Angela Merkel teilte am Sonnabend mit, sie trauere um Friedländer. "Wir können gar nicht dankbar genug sein, dass sie die Kraft fand, von ihrer Leidens- und Lebensgeschichte zu erzählen", so die ehemalige Bundeskanzlerin.

Laut Merkel war Margot Friedländer überzeugt, dass es von überragender Bedeutung war und ist, gerade junge Menschen dafür zu gewinnen, sich entschieden gegen Ausgrenzung, Abwertung, Rassismus, Antisemitismus und jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu wenden. Kein Satz könne ihr Vermächtnis eindrucksvoller vermitteln als Margot Friedländers eigene, "bis zuletzt wieder und wieder gesagten Worte: 'Seid Menschen.'"

Linkspartei will Vermächtnis von Friedländer ehren

Auf dem Parteitag der Linken in Chemnitz sagte der Berliner Bundestagsabgeordnete Pascal Meiser, Friedländer habe "bis zum letzten Atemzug dafür gekämpft, dass das, was sie erlebt hat, nicht vergessen wird".

Meiser versprach, die Linkspartei werde das Vermächtnis von Margot Friedländer ehren und "die Schrecken der Nazi-Barbarei auch den weiteren, den kommenden Generationen nahebringen", um dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder geschehe. Anschließend erhoben sich die mehr als 500 Delegierten auf dem Parteitag zu einem Moment des Schweigens.

"Diese Stimmen werden immer leiser und weniger"

Moderatorin Sandra Maischberger sagte dem rbb beim Deutschen Filmpreis am Freitagabend, es sei "ganz, ganz, ganz furchtbar", dass jemand wie Margot Friedländer nicht mehr da sei. Aus Sicht von Schauspieler Christian Berkel war Friedländer "eine tief beeindruckende Persönlichkeit". Schauspielerin Andrea Sawatzki zeigte sich "sehr betroffen, weil diese Stimmen immer leiser werden und immer weniger werden." Es lade dazu ein, es sich bequem zu machen, wenn diese Stimmen fehlen, und "das nicht mehr vor Augen zu haben, was damals war und was jederzeit wieder passieren kann".

"Ich habe Frau Friedländer sehr bewundert", sagte Regisseurin Doris Dörrie dem rbb. "Dass sie sich das angetan hat, immer wieder und wieder uns alle aufzufordern, uns zu erinnern, dass es nie wieder geschehen darf, was geschehen ist im Dritten Reich". Diese Leistung zu vollbringen, sei enorm. Die in Berlin lebende Tatort-Schauspielerin Ulrike Folkerts sagte dem rbb, es gehe jetzt "wirklich darum, dass wir so jemanden im Herzen tragen und ihre Botschaft weiter nach außen tragen".

Kondolenzbuch und Ehrengrab in Berlin

Ab Dienstag soll im Roten Rathaus in Berlin ein Kondolenzbuch für Margot Friedländer ausliegen. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU), die Senatoren und die Präsidentin des Abgeordnetenhauses tragen sich als Erste in das Buch ein, wie eine Sprecherin sagte. Danach liegt es für die Öffentlichkeit aus.

Friedländer wird in Berlin auch ein Ehrengrab bekommen. Das ergibt sich aus ihrer Ehrenbürgerschaft. Ehrengrabstätten sind "Ausdruck der Ehrung Verstorbener, die zu Lebzeiten hervorragende Leistungen mit engem Bezug zu Berlin erbracht oder sich durch ihr überragendes Lebenswerk um die Stadt verdient gemacht haben". Überlegungen zu einer Trauerfeier sind noch nicht abgeschlossen. Dazu muss sich der Berliner Senat mit anderen Institutionen abstimmen.

Schweigeminute beim Deutschen Filmpreis

Margot Friedländer war am Freitag im Alter von 103 Jahren gestorben. Die jüdische Berlinerin war in der Zeit des Nationalsozialismus ins Konzentrationslager Theresienstadt verschleppt worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg emigrierte sie in die USA, kam aber im hohen Alter zurück in ihre Heimat. Seither setzte sie sich unermüdlich für Versöhnung und gegen das Vergessen ein.

Bereits am Freitag hatten Bundespräsident Steinmeier, Berlins Regierender Bürgermeister Wegner und Brandenburgs Ministerpräsident Woidke Friedländer gewürdigt. Bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises am Abend erhob sich das Publikum für eine Schweigeminute zu Ehren Friedländers, nachdem Pianist Igor Levit unter Tränen eine Rede zu ihrem Tod gehalten hatte.

Sendung: Radioeins, 10.05.2025, 11 Uhr

54 Kommentare

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  1. 54.


    Nie wieder, so ihr Wunsch, sollen sich die Verbrechen des Nationalsozialismus wiederholen. Dieser Mission hat sie ihr Leben gewidmet, hat Hunderte Lesungen, Vorträge gehalten, für die gesprochen, die es nicht mehr konnten. Für ihre Mutter, ihren Vater, ihren 17-jährigen Bruder. Für die sechs Millionen ermordeten Juden. Für Friedländer war es eine "Beruhigung", den Toten eine Stimme geben zu können.

    Sie versuchen mit whataboutism Rechtsextremismus zu verharmlosen.

  2. 53.

    "Sonst könnte man aus Ihrem Ansatz folgern, dass alle andere Gräueltaten und Verbrechen nur unbedeutend seien und nicht der Erwähnung wert. Das ist nicht Frau Friedländers Sicht, die sagte: "Seid Menschen!""

    Wer so etwas behauptet der zieht ihr Vermächtnis in den Dreck. Lesen ist nicht ihre Stärke.

  3. 52.

    Nie wieder, so ihr Wunsch, sollen sich die Verbrechen des Nationalsozialismus wiederholen. Dieser Mission hat sie ihr Leben gewidmet, hat Hunderte Lesungen, Vorträge gehalten, für die gesprochen, die es nicht mehr konnten. Für ihre Mutter, ihren Vater, ihren 17-jährigen Bruder. Für die sechs Millionen ermordeten Juden. Für Friedländer war es eine "Beruhigung", den Toten eine Stimme geben zu können.

    Sie versuchen mit whataboutism Rechtsextremismus zu verharmlosen.

  4. 51.

    Nie wieder, so ihr Wunsch, sollen sich die Verbrechen des Nationalsozialismus wiederholen. Dieser Mission hat sie ihr Leben gewidmet, hat Hunderte Lesungen, Vorträge gehalten, für die gesprochen, die es nicht mehr konnten. Für ihre Mutter, ihren Vater, ihren 17-jährigen Bruder. Für die sechs Millionen ermordeten Juden. Für Friedländer war es eine "Beruhigung", den Toten eine Stimme geben zu können.

    Sie versuchen mit whataboutism Rechtsextremismus zu verharmlosen.

  5. 50.

    "Sonst könnte man aus Ihrem Ansatz folgern, dass alle andere Gräueltaten und Verbrechen nur unbedeutend seien und nicht der Erwähnung wert. Das ist nicht Frau Friedländers Sicht, die sagte: "Seid Menschen!""

    Wer so etwas behauptet der zieht ihr Vermächtnis in den Dreck. Lesen ist nicht ihre Stärke.

  6. 49.

    Ja, Rechtsextremismus ist mit deutlichem Abstand unser größtes Problem. Aber lesen Sie nochmal nach, was Whataboutism genau ist.

    Frau Friedländer bezog sich mit "Seid Menschen!" nicht nur auf Rechtsradikale, sondern auf Unmenschlichkeit allgemein.

  7. 48.

    Die Frau Friedländer als Humanistin zu bezeichnen, ist mit "in den Dreck treten" gleichzusetzen?
    Kamen Sie nicht auf die Idee, dass diese Frau als von Nationalsozialisten verfolgte Jüdin eine Zeitzeugin war, und deswegen Sie hierzulande über jene Epoche schildern konnte, und das ist auch ihr größter Verdienst, den sie diesem Land geben konnte.
    Wer aber glaubt, dass diese Frau nur auf die Verbrechen des Nationalsozialismus fixiert war, und ihre Bitte "seid Menschen" so einseitig gedacht war, der ist auf dem Holzweg. Sie war nicht so kurzsichtig, sie war eine Humanistin und ihre Bitte war, dass wir die Menschlichkeit wahren und behüten sollen.

  8. 47.

    Ach Dagmar, glänzen sie mal wieder mit ihrem Pseudowissen?

    Sie haben sich bereits gestern als Anhängerin von Rechtsextremen geoutet, als sie behauptet haben "Deutschland hat eine parlamentarische Demokratie, aber der Verfassungsschutz hat mit Parlament nichts zu tun, und schon gar nicht eine Kontrolle über diese Behörde, [...]

    Ergo, dass Parlament steht außen vor, hat weder Einfluss noch Kontrolle."

    Typisches AfD Stammtischgelaber. Und jetzt finden sie erneut Fake News und Relativierungsversuiche von ganz rechts außen "zutreffend".

    Noch deutlicher kann man seine Gesinnung nicht offenbaren.

  9. 46.

    Zutreffend? Es ist widerlich wie Margot Friedländer jetzt ausgerechnet von Rechtsextremen in Beschlag genommen wird.

    "Margot Friedländer überlebte die Shoa und warnte immer wieder vor einem Wiedererstarken des Rechtsextremismus."

    Es sitzen keine Linksextremisten, keine Islamisten in unseren Parlamenten die erneut Deportation planen, Menschen aufgrund ihrer Religion und Herkunft ausgrenzen wollen. Es sind Rechtsextremisten und Neonazis!

    Es ist widerlich wie das Vermächtnis Margot Friedländers von diesen Leuten in den Dreck gezogen wird.

    "Nie wieder, so ihr Wunsch, sollen sich die Verbrechen des Nationalsozialismus wiederholen. Dieser Mission hat sie ihr Leben gewidmet, hat Hunderte Lesungen, Vorträge gehalten, für die gesprochen, die es nicht mehr konnten. Für ihre Mutter, ihren Vater, ihren 17-jährigen Bruder. Für die sechs Millionen ermordeten Juden. Für Friedländer war es eine "Beruhigung", den Toten eine Stimme geben zu können."

  10. 45.

    Rechtsextreme und der Versuch mit whataboutism vom immer stärker werdenden Rechtsextremismus abzulenken und zu verharmlosen.

  11. 44.

    Ein zutreffender Kommentar.
    Frau Friedländer war eine Humanistin, und so ist ihre Bitte "seid Menschen" gemeint gewesen.

  12. 43.

    An dieser Frau sollte sich die ganze Gesellschaft ein Beispiel nehmen, das würde Deutschland sehr gut tun.

  13. 42.

    Wie bitte? Was Frau Friedländer damit meinte ist das, was auch schon Marcel Reif in seiner bewegenden Rede im Deutschen Bundestag am 31.01.24 von seinem Vater berichtete, der dazu ermahnte "Sei ein Mensch!" - Menschlichkeit leben. Zank und Streit sind menschlich. Es geht um die Verhinderung Menschen zu entmenschlichen, ihnen das Menschsein abzusprechen und sie unmenschlich zu behandeln. Und jetzt lesen Sie bitte nochmal Ihren Kommentar ....

  14. 41.

    Klingt das, was Kalle B. schreibt, wie ein "Schlussstrich geben"?
    Während ich "Schlusstrich" gebe zitiere und damit mit Anführungsstrichelchen versah, warum machen Sie das?

  15. 40.
    Antwort auf [Oliver] vom 10.05.2025 um 19:24

    Hallo Herr Oliver, ich glaube nicht, dass Sie meinen Post verstanden haben oder verstehen wollen.

  16. 39.

    Vielleicht sind es keine leiblichen Angehörigen. Aber Wegbegleiter, Freunde, Menschen, die ihr nahe waren, ... trauern auch.

    Ich verneige mich mit vor dieser bewundernswerten Frau.

  17. 38.

    So? Weil es für Sie jetzt reicht, mit den Berichten über unsere Berlinerin Margot Friedländer, soll ein Schlußstrich gezogen werden? Hallo? Das haben schon die Neonazis verlangt. Es kann keinen ,,Schlußstrich'' geben.

  18. 37.

    Danke ! Das Sie wieder nach Berlin kamen, und uns von Ihrer Geschichte erzählt haben. Kein Hass ! Sie wollten nur unter Menschen sein.
    Hoffentlich werden die Nazis und ihre Parteien bald so wenig, daß sie einschlafen.
    Uns werden Sie fehlen !

  19. 35.

    Es ist immer wieder erstaunlich, welch ein biblisches Alter die Überlebenden von Mißhandlungen, Mangelernährung, Krankheiten und letztendlich Vergasungen erreichen. Aber trotz dieses großen Verlustes für unsere Erinnerungskultur stehen nachfolgende Generationen von Holocaust-Überlebenden bereit, das Zepter der Erinnerung zu übernehmen und weiter auszubauen.

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