CDU-Politiker - Berliner Kultursenator Joe Chialo tritt zurück

Fr 02.05.25 | 15:34 Uhr
  82
Archivbild:Joe Chialo am 23.02.2025.(Quelle:picture alliance/dts Nachrichtenagentur)
Video: rbb24 | 02.05.2025 | Nachrichten | Bild: picture alliance/dts Nachrichtenagentur

Er hatte wohl Ambitionen auf ein Bundesamt, doch in die neue Bundesregierung wurde er nicht berufen. Jetzt ist Joe Chialo (CDU) als Kultursenator in Berlin zurückgetreten.

Der Berliner Kultursenator Joe Chialo (CDU) ist zurückgetreten. "Heute habe ich den Regierenden Bürgermeister um die Entlassung aus meinem Amt als Senator für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt gebeten", teilte er mit. Als Grund nannte er die Kritik an den weitreichenden Haushaltskürzungen für den Kulturbereich.

Chialo war zuletzt auf Bundesebene als möglicher Nachfolger von Claudia Roth (Grüne) im Amt des Staatsministers für Kultur und Medien gehandelt worden. Die CDU hatte am Montag allerdings mitgeteilt, dass Medienunternehmer Wolfram Weimer den Posten übernehmen soll.

Chialo kritisiert Kürzungen im Kultur-Haushalt

"Im vergangenen Jahr habe ich die geforderten Einschnitte im Kulturhaushalt schweren Herzens mitgetragen - im Bewusstsein der gemeinsamen Verantwortung für die Stadt", so Chialo. Die nun geplanten weiteren Kürzungen würden jedoch zu tief in bestehende Planungen und Zielsetzungen eingreifen, kritisiert er. Sie veränderten zentrale fachliche Voraussetzungen und führten so zur drohenden Schließung von bundesweit bekannten Kultureinrichtungen.

Eine konstruktive Diskussion darüber sei aus Chialos Sicht zuletzt erschwert worden, da sich öffentliche Kritik zunehmend auf die eigene Person konzentriert habe. "In dieser Situation sehe ich es als meine Verantwortung, Raum für neue Perspektiven zu schaffen", schrieb der bisherige Kultursenator.

Wegner: "zeitnahe Nachfolgeregelung"

Der Berliner Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sagte dem rbb: "Wir werden jetzt schauen, dass wir eine starke Nachfolgeregelung finden." Er werde zeitnah "eine gute, eine starke Lösung" präsentieren. Mit Blick auf die Haushaltssituation und die Debatte um Kürzungen auch im Kulturbereich sagte der CDU-Politiker, er sei gemeinsam mit Kulturstaatssekretärin Sarah Wedl-Wilson in gutem Austausch mit den Kultureinrichtungen der Stadt und optimistisch, zu guten Lösungen zu kommen.

SPD nimmt Entscheidung "mit Respekt" zur Kenntnis

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus Raed Saleh teilte mit, die Fraktion danke Chialo für seine Arbeit als Senator und nehmen seine Entscheidung mit Respekt zur Kenntnis. "Wir sind uns sicher, dass auch die Nachfolgerin oder der Nachfolger von Herrn Chialo sich dafür einsetzt, der Kultur und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt den gebührenden wichtigen Platz in Berlin einzuräumen."

Die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Bettina Jarasch und Werner Graf erklärten: "Wir haben Respekt davor, dass Senator Chialo den Weg nun frei macht. Im Land Berlin bleibt nicht viel Zeit, um den bereits entstandenen Schaden für die Kulturmetropole abzumildern." Dafür trage jetzt vor allem der Regierende Bürgermeister Verantwortung, zumal er seit Dezember mit seinem "Kulturdialog" schon einen Teil der Amtsgeschäfte eines Fachsenators übernommen habe.

Linke: Chialo hinterlasse "Scherbenhaufen"

Linken-Fraktionschef Tobias Schulze sprach von einem "Scherbenhaufen", den Chialo hinterlasse. "Der Kultursenator geht vor dem selbst gemachten Haushaltschaos von Schwarz-Rot in die Knie." Die Koalition habe die ersten anderthalb Jahre "Schönwetterpolitik" gemacht und allen in der Stadt großzügige Versprechen gemacht, auch der Kultursenator. "Als dann die ungedeckten Schecks platzten, leistete Joe Chialo keinen Widerstand" anstatt für die Kultur zu kämpfen. "Nun brennt die Hütte und Joe Chialo verlässt das sinkende Schiff."

Der kulturpolitische Sprecher der AfD-Fraktion Robert Eschricht sagte, Chialo sei mit vielen Vorschusslorbeeren gestartet, aber letztlich "am Schlingerkurs von Kai Wegner gescheitert, der jeglichen Reformwillen dem Koalitionsfrieden geopfert" habe. "In seinem Arbeitszeugnis würde stehen: Er war guten Willens. Schade um den Versuch, externe Talente für die Politik zu gewinnen", so Eschricht weiter.

130 Millionen Euro Einsparungen in der Kultur allein 2025

Chialo sei mit dem Anspruch in die Politik gegangen, aktiv zur guten Entwicklung der Stadt beizutragen. "Wenn sich zentrale politische und fachliche Ziele dauerhaft nicht mehr im gegebenen Rahmen umsetzen lassen, ist es aus meiner Sicht konsequent, einen Schritt zur Seite zu machen und das Amt in neue Hände zu legen", teilte Chialo weiter mit.

Insgesamt muss die Berliner Kultur im Haushalt 2025 rund 130 Millionen Euro einsparen, knapp zwölf Prozent ihres eigentlich angedachten Budgets. Viele Theater müssen mit weniger Geld vom Land auskommen. Auch zahlreiche andere Bereiche in der Stadt sind von Einsparungen betroffen. Ingesamt sollen in diesem Jahr etwa drei Milliarden Euro weniger ausgegeben werden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 02.05.2025, 11 Uhr

82 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 82.

    Hoffentlich kümmert sich die/der Nachfolgende mehr um die zukünftige Kunst/ Kultur und nicht gestrige und schafft finanzierbiArbeitsmöglichkeiten für Künstler. Die Kunst selbst muss frei sein und nicht gesteuert werden, wie gerne versucht wird. (Träume gerade;-))

  2. 81.

    Ullrich Matthes hat ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt. Der sollte es ja wissen !

  3. 80.

    „Aber das mit dieser reichen Elite, für die Oper nur veranstaltet wird zum Sehen und Gesehenwerden, hat sich bei manchen nun mal im Kopf festgesetzt.“

    Deswegen ist es umso wichtiger, dass Kultur für jedermann bezahlbar und zugänglich bleibt. Es gibt natürlich Inszenierungen und Aufführungen, die diesen Anspruch längst nicht mehr gerecht werden.

  4. 79.

    Im Grunde genommen ist die "Kleiderordnung" für die Clubs wesentlicher rigider als für Opern- und Schauspielhäuser. Da reicht dann schon die falsche Farbe der Schuhe aus, damit Türsteher die Kids zurückweisen. In Oper und Schauspielhaus kommt Mensch mittlerweile auch mit Jeans und Turnschuhe rein, auch wenn ich persönlich das als Nichtwertschätzung gegenüber den dort Auftretenden empfinde.

    Kultur hat eben eine enorme Spannbreite; die grundsätzliche Problematik läge darin, dass sich "alles rechnen muss". Dafür ist Kultur nun expliziert NICHT da.

  5. 78.

    "...die Besucher und ihre feinen Klamotten..."
    Jottchen, nun wird wieder der alte Hut rausgeholt - die elitären Opernbesucher, und man denke nur, in feinen Klamotten!! Gähn...
    Ich verdiene absolut durchschnittlich und war auch einige Zeit arbeitslos, aber in die Oper und ins Konzert gehe ich mit meinem Sohn trotzdem.
    Aber das mit dieser reichen Elite, für die Oper nur veranstaltet wird zum Sehen und Gesehenwerden, hat sich bei manchen nun mal im Kopf festgesetzt. Naja.
    Nebenbei gemerkt müssen Sie für einen angesagten Club auch fein angezogen sein, soweit ich weiß - sonst können Sie wieder abmarschieren...

  6. 77.

    „ Ich staune, dass so viele Foristen die Arbeit von Hrrn Chialo beurteilen können“

    Da siehst Du mal, wieviele Menschen an Kultur interessiert sind und sehr genau das erfolglose und planlose Wirken des Herrn Chialo verfolgt haben.
    Und in diesen meinen Worten ist null Ironie versteckt.

  7. 76.

    Das sehe ich genauso. Na wenigstens hat Fr. Baer ein blendendes Auskommen/äh-m Einkommen. Der Unterschied ist nur, von mir hätte man die "Auswürfe der Trumpflkarten/Bildungsabschlüsse/anerlkannte EXpertisen verlangt - und ich könnte sogar eine Trumpfkarten aussoieken; nur ist ma Otto Nornaleo.
    Also Fr. Baer kann beruhigt sein, von wirlichen Experten droht da keine Konkurrenz! Aber ich hätte Raumfahrt/Materialforschung (!) eher im Wirtschaftsministerium angesiedelt gesehen. So wird sie im Luft & Raumfahrt hoffentlich mehr als Luft und Raum 'bewerkstelligen'. Doro - die Materialforschung muss forciert werden! (Das wusste sogar Pitti, die freche liebe Kobold ) - kannste glauben!

  8. 75.

    Interessant, wie Einige ihm trotz konsequentem Rücktritt noch fehlende Einsicht unterstellen.
    Vermessene Beurteilungen geraten hier heute jedenfalls nicht ins Hintertreffen. Alles in Ordnung, Ansichtssache.

  9. 74.

    Ich staune, dass so viele Foristen die Arbeit von Hrrn Chialo beurteilen können.
    Was bei einem Durchschnittsbürger angekommen ist, ist, dass der fr./gem Eintritt am Sonntag ersatzlos abgeschafft wurde. Das ist schlimm. Leider habe ich es wohl im Leben nicht verstanden; das Große Geld zu machen - ehrl. währt am längsten, das ist nur eine moralische 'Krücke' - für den, der so durch die Arbeitswelt, ging bis ...reicht es bei der Rente höchstens dazu, den Museumssonntag zu nutzen oder in die Bibliothek zu gehen. Dabei bin ich noch als Kind/Jugendl. mit Büchern, Museen u.Theater /-fahrten groß geworden. Habe mir das ab u. zu mal geleistet- u. nun: Rentner: Alt, nicht golden bemittelt. Du bleibst draußen! - Es geht u.a. darum, die Interessen der Bürger/Kinder/Jugendl. Berlins zu berücksichtigen. Dazu müssen Bezahl-Modelle gefunden werden. Auch dass der Gropiusbau seine tollen Ausstellungen frühererJahre ganz verloren hat, ist sehr bedauerl. Wenig Attraktives dort. Das Porzellan ist kaputt!

  10. 73.

    Die Gesellschaft ist vorsätzlich zer- und gebrochen worden und deshalb braucht es auch keinen Kitt mehr. Schlimm ist nur, dass es so bleiben und noch ätzender werden wird.

  11. 72.

    Kultur ist kein Luxus, es ist weit mehr als die Aneinanderreihung der Genres, wie Tanz, Theater, Musik u.a.m. Es ist der Kitt, der die Gesellschaft gerade jetzt zusammenhalten bzw. wieder zusammenbringen sollte. Auf Bundesebene wäre die Aufwertung der Kultur mit einem Ministerium besser gewesen als die Einbringung eines Raumfahrtressorts.

  12. 71.

    „ Im Artikel finden sich Hinweise, dass er bereits mit vorigen Jahr nur widerwillig Kröten geschluckt hatte, jetzt aber das Fass übergelaufen ist“

    Nein, das sind seine eigenen Aussagen von heute. Diese werte ich als Schutzbehauptung.

    Menschen, die mit ihm zu tun hatten, haben oft ein anderes Bild und den Eindruck, dass er nicht hinreichend für die finanzielle Ausstattung der Kultur gekämpft hat.
    Bitte nichts schönreden.

  13. 70.

    Wieviel Geld für "Kultur" möchte man sich denn als pleite Haupstadt leisten, wenn in den Schulen der Putz von der Decke fällt, es zu wenig Lehrkräfte gibt und die für Kulturkonsum notwendige Bildung gar nicht mehr vermittelt wird?

    Insgesamt etwa 4 Milliarden Euro Sanierungsrückstau bei Landesimmobilien, Justiz, Polizei, usw... aber man sorgt sich um den Kulturhaushalt. Werden die Kulturhäuser dann die Rechtsstreite entscheiden, die Demos schützen, Verbrechen aufklären und Sachkundeunterricht an der Grundschule ermöglichen?

    Irgendwie ist hierzulande so ziemlich alles in absurder Schieflage...

  14. 69.

    „ Im Artikel finden sich Hinweise, dass er bereits mit vorigen Jahr nur widerwillig Kröten geschluckt hatte, jetzt aber das Fass übergelaufen ist“

    Nein, das sind seine eigenen Aussagen von heute. Diese werte ich als Schutzbehauptung.

    Menschen, die mit ihm zu tun hatten, haben oft ein anderes Bild und den Eindruck, dass er nicht hinreichend für die finanzielle Ausstattung der Kultur gekämpft hat.
    Bitte nichts schönreden.

  15. 68.

    Wäre es nicht mal an der Zeit, dass man das mit der Mitsprache ändert ?

  16. 67.

    Wer entscheidet denn, wem was zusteht und in welcher Höhe ? Der Steuerzahler und Kleinverdiener in seiner grenzenlosen Gutherzigkeit ?

  17. 66.

    Kultursenator zu sein ist ohne ausreichend Geld sicherlich schwierig.
    Aber mit Sicherheit sollte nur jemand in der Verantwortung stehen, der seine eigene persönliche Verantwortung im Alltag stets auch genau nimmt.
    So oft im Straßenverkehr aufzufallen, dass einem langfristig der Führerschein entzogen wird, ist eben kein gutes Vorbild

  18. 65.

    „Nein,das ist nicht das Wesen der Steuern.“

    Es gibt keine Zweckbindung von Steuern (Ausnahme Ökosteuer). Steuern decken den allgemeinen Finanzbedarf eines Landes ab. Abgabepflichtige haben keinerlei Befugnis und Mitsprache darüber, welche Verwendung Steuereinnahmen finden.

  19. 64.

    "Wenn kein Geld da ist, kann man nicht vernünftig arbeiten. Er hat endlich mal ein Zeichen gesetzt."

    Indem er den Preis für die LZB mit dilettantischen Handeln hochgetrieben hatte?

  20. 63.

    Wohlerzogen wie ich bin, gönne ich jedem das, was ihm zusteht. Eine Selbstverständlichkeit. Neid ist nie ein kluger Ratgeber und hat wenig mit guter Erziehung zu tun, er entspringt sehr niederen Instinkten.

Nächster Artikel