Bußgelder in Berlin und Brandenburg - So teuer kann Schulschwänzen sein

Do. 15.05.25 | 11:02 Uhr
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Schüler stehen auf dem Schulhof an einer Schule. (Quelle: dpa/Harald Oppitz)
dpa/Harald Oppitz
Audio: Antenne Brandenburg | 13.05.2025 | Hanno Geduldig | Bild: dpa/Harald Oppitz

Tausende Schülerinnen und Schüler schwänzen in Berlin und Brandenburg regelmäßig die Schule. Sogenannte "Intensivschwänzer" müssen mit Bußgeldern in Höhe von mehreren tausend Euro rechnen. Doch die Gründe für das Schwänzen sind vielfältig.

In Berlin und Brandenburg werden pro Jahr hunderte Bußgelder für Schulschwänzen verhängt. Das haben die Senatsverwaltung für Bildung in Berlin und das Brandenburger Bildungsministerium dem rbb bestätigt.

In Deutschland gilt die Schulpflicht. Kinder und Jugendliche sind also verpflichtet, in die Schule zu gehen. Tun sie das wiederholt nicht, drohen ihnen Strafen in der Schule und in letzter Konsequenz ihren Erziehungsberichtigten auch Bußgelder.

Tausende Kinder und Jugendliche schwänzen

Das Schuljahr 2024/25 ist noch nicht abgeschlossen. Daher gibt es für das aktuelle Jahr noch keine belastbaren Zahlen. Anders sieht das für das vergangene Schuljahr aus. Von den über 240.000 Schülerinnen und Schülern, die in Brandenburg eine Schule besuchen, schwänzten über 9.000 zumindest gelegentlich die Schule. Das entspricht in etwa 3,8 Prozent der Schülerschaft. Am häufigsten wird in Brandenburg an der Havel, Potsdam und Cottbus geschwänzt.

In Berlin besuchen in etwa 360.000 Schülerinnen und Schüler eine allgemeinbildende Schule. Das geht aus der Bildungsstatistik hervor. "Im Schuljahr 2023/24 lag die Fehlquote (unentschuldigt) in den Jahrgangsstufen fünf und sechs bei 0,6 Prozent. Das ist der gleiche Wert wie in den beiden Vorjahren", wie ein Sprecher der Senatsverwaltung für Bildung mitteilte. In den Jahrgangsstufen sieben bis zehn habe die Quote bei 1,9 Prozent gelegen, hieß es weiter. Auf Nachfrage, in welchen Bezirken am meisten geschwänzt wird, hieß es: "Mitte und Neukölln weisen in der Fehlzeitenstatistik die höchsten Werte aus."

Bußgeldverfahren in Berlin und Brandenburg eingeleitet

In Berlin sind die Bezirke für die Erhebung von Bußgeldern für Schulschwänzen verantwortlich, da sie als Schulträger fungieren. rbb|24 hat bei allen Bezirken die aktuellen Zahlen abgefragt. Mit 305 verhängten Bußgeldern im Schuljahr 2023/24 führt Pankow die Liste an, gefolgt von Tempelhof-Schöneberg mit 75 Bußgeldbescheiden, die erlassen wurden. In Mitte wurden im selben Zeitraum 58 Bußgeldbescheide erlassen, in Spandau 43, in Reinickendorf waren es 30 und in Marzahn-Hellersdorf waren es im vergangenen Schuljahr 24.

In Lichtenberg wurden im Schuljahr 2023/24 insgesamt 18 Bußgeldbescheide erlassen und in Charlottenburg-Wilmersdorf wurden keine Bußgeldbescheide erlassen. Die Bezirksämter von Steglitz-Zehlendorf, Neukölln und Tretow-Köpenick ließen die Anfragen zunächst unbeantwortet.

2.500 Euro ist das höchste Bußgeld, das für Schulschwänzen in Berlin und Brandenburg verhängt werden darf. In Brandenburg wurden im vergangenen Schuljahr an 153 Schulen Bußgeldverfahren eingeleitet. Das gab eine Sprecherin des Ministeriums für Bildung auf Nachfrage an. Wenn das Bußgeld nicht gezahlt wird, droht eine Pfändung. Es ist allerdings möglich, das Bußgeld in Raten abzuzahlen.

Schwänzen ist nicht gleich Schwänzen

Schulschwänzen wird im Fachjargon Schulabsentismus genannt. Es wird in mehrere Ausprägungsgrade unterschieden, wie eine Sprecherin des Brandenburger Bildungsministeriums erklärt. Als schulverdrossen gelten "Schülerinnen und Schüler, die an mehr als zwei Tagen innerhalb von drei Monaten dem Unterricht unentschuldigt fernbleiben", so die Sprecherin. Schulverweigerer sind Schülerinnen und Schüler, die an mehr als fünf Tagen innerhalb von drei Monaten unentschuldigt fehlen würden.

Bleiben Schülerinnen und Schüler bis zu 20 Tage innerhalb von drei Monaten dem Unterricht unentschuldigt fern, dann gelten sie als Regelschwänzer. Von Intensivschwänzern spricht man "bei einem unentschuldigten Fernbleiben von mehr als 20 Tagen innerhalb von drei Monaten", so die Sprecherin.

Gründe für Schulschwänzen sind vielfältig

Nicht alle, die Schwänzen haben per se keine Lust auf Schule. Die Gründe sind, wie so oft, vielschichtig. Prüfungsangst, Langeweile oder Desinteresse, familiäre Probleme oder Perspektivlosigkeit können Gründe fürs Schulschwänzen sein. In manchen Fällen heißt der Grund auch Mobbing. So war es bei Emily aus Brandenburg an der Havel. Sie hat in der siebten Klasse beschlossen, die Schule zu schwänzen. "Ich wurde früher viel gemobbt. Deshalb bin ich gar nicht mehr in die Schule gegangen", erinnert sie sich. Sie blieb zuhause oder traf sich mit Freunden anstatt in die Schule zu gehen.

Emily sollte als Strafe mehrere tausend Euro Bußgeld zahlen, doch diese Forderung wurde wieder zurückgezogen, denn sie entschied sich, zu dem Projekt "Schule/Jugendhilfe 2030" zu gehen. Ein Projekt, das Schulschwänzerinnen und Schulschwänzern eine zweite Chance gibt. Nun ist sie 16 Jahre alt und ist seit zwei Jahren in dieser Einrichtung. Ihre Zeit in dem Projekt endet im Sommer. Danach möchte sie eine Ausbildung als Drogistin beginnen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 13.05.2025, 13:00 Uhr.

Kommentar

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55 Kommentare

  1. 55.

    Sie meinen die chronisch unterbesetzten Stellen der Jugendämter? Die sind damit beschäftigt sich mit säumigen Unterhaltsverpflichteten, Unterhaltsvorschuss und unbegleiteten Minderjährigen zu befassen ohne dass dafür mehr Mitarbeiter zur Verfügung stehen.
    Wenn die Meldung ans Jugendamt, dass der Schüler seit 4 Wochen unentschuldigt fehlt, seitens des Jugendamtes
    einen Brief an die Eltern auslöst, der binnen 4 Wochen zu beantworten ist und nix passiert, dann sind mit 2 Monaten Fehlzeit die schulischen Defizite nicht mehr auszugleichen. Diese Mühle mahlt zu langsam.

  2. 54.

    Texte bis zum Ende lesen, und verstehen können, das verhilft zur richtigen Deutung der Selbigen.

    Übrigens, der Wille ist die Vorausetzung zum Erfolg, das gilt nicht nur im Privaten, sondern auch in der Politik.

  3. 52.

    Warum sollte man nach dem Maskendeals und Amigoland Bayern gucken? "Gewillt" ist die kleine Schwester von "nicht gekonnt".

    Sollte in ihrem Arbeitszeugnis stehen "war stets bemüht" würde ich mir an ihrer Stelle Sorgen machen.

  4. 51.

    Da schauen sie nach Bayern, die sind gewillt es umzusetzen, und nur so kann es auch gelingen.
    Die Schulen sind die jenigen, die schließlich die " Intensivschulschwänzer" an das Jugenamt zu melden haben, und dann wird es ernst.
    Übrigens, wenn es um Kinder und Jugendliche geht, da wird sich bei Problemen gekümmert, aber wie immer, es muss den entsprechenden Stellen bekannt sein.

  5. 50.

    Da schauen sie nach Bayern, die sind gewillt es umzusetzen, und nur so kann es auch gelingen.
    Die Schulen sind die jenigen, die schließlich die " Intensivschulschwänzer" an das Jugenamt zu melden haben, und dann wird es ernst.
    Übrigens, wenn es um Kinder und Jugendliche geht, da wird sich bei Problemen gekümmert, aber wie immer, es muss den entsprechenden Stellen bekannt sein.

  6. 49.

    Na jedenfalls kein Streber oder Musterschüler, der von morgens bis abends nur ans pauken dachte.
    Aber wie ich bereits schrieb, hatte alles Maß und Mitte und geschadet hat’s mir ganz sicher nicht.

  7. 48.

    "und natürlich hatten wir auch eine Phase wo wir hin und wieder der Schule fernblieben." Was waren Sie für ein Schüler. Das kenne ich aus meiner ganzen Schulzeit nicht und auch von keinem aus meiner Klasse, Schulschwänzer waren eine absolute Ausnahmeerscheinung.

  8. 47.

    Da gebe ich ihnen zu 100% Recht, aber wie setzen sie sowas in einem freiheitlichen, liberalen System, wie dem unsrigen, durch?! Mit "an sich ziehen" können sie in Deutschland vergessen.

  9. 46.

    Wir waren als Kinder und Jugendliche ganz sicher keine Heilige und natürlich hatten wir auch eine Phase wo wir hin und wieder der Schule fernblieben.
    Aber sowas waren keine Wochen oder Monate. Und eine Verwarnung, schriftlicher Tadel mit Unterrschrift der Eltern hatte auch seine heilsame Wirkung.

    Wenn Schüler wochenlang der Schule fernbleiben und man Bußgelder bis in die Tausende Euro verhängen muss, dann kommuniziert hier A nicht mehr mit B, sondern zellebrieren nur noch irgendwelche "anonymen" Verwaltunsgakte. Und wenn A und B sowieso keinen Bock mehr haben miteinander zu kommunizieren, dann ist Hopfen und Malz sowieso verloren und man sollte mal dieses "Schulsytem" grundsätzlich in Frage stellen.

  10. 45.

    Schwere Kollision mit der Aufsichts- und Fürsorgepflicht!
    Sollen dann die Eltern ihre Arbeit aufgeben, dauern sie welche haben? Kleine Erinnerung an Corona mit allen psychischen Folgen durch Einsamkeit oder sich gegenseitig auf den Senkel gehen gefällig?
    Wenn die Ursachen fürs Schwänzen bei den Eltern zu finden sind, sind Strafen ok. Wenn die Ursachen bei Mitschülern oder im Schulumfeld liegen, muss dem Kind geholfen werden und das tut man nicht per Trennung von den engsten Bezugspersonen in der Familie, sondern durch Bestrafung derer, die das Kind drangsalieren.

  11. 44.

    Ich glaube Ihnen nicht; für mich ist Ihre Argumentation nicht substantiert.
    Es bleibt dabei :
    Die gegenwärtig in der Bundesrepublik Deutschland
    noch rechtskräftige " Schulpflicht " ist genauso überkommen wie der sog. "Friedhofszwang" welchen es nur noch hier gibt und sonst in keinem anderen Land in Europa !
    Anhand der argumentativen "Qualität" der sonst hier abgegeben Kommentare bin ich ebenfalls in meinem Standpunkt bestätigt dass die BRD ein autokratisches Land ist :
    Die erste deutsche Demokratie ("Weimarer Republik") ging unter weil sie von seinen Bürgern abgelehnt wurde. Dann kamen die Faschisten an die Macht und wurden vom größten Teil der Bevölkerung geliebt und akzeptiert.
    Nach deren Untergang bekamen die Deutschen eine neue Demokratie übergestülpt; welche aber gegenwärtig wieder mittels faschistischer Tendenzen in akuter Gefahr ist !

  12. 43.
    Antwort auf [Horst] vom 15.05.2025 um 11:20

    "Wie wäre es das Schulsystem dahingehend zu reformieren, dass man die Bildung digital nach Hause liefert." Sie rufen mindestens nach Jugendwerkhöfen, wenn nicht sogar wieder nach NAPOLAs.

  13. 42.

    "Wie wäre es das Schulsystem dahingehend zu reformieren, dass man die Bildung digital nach Hause liefert." Wie wäre es erstmal alle Reformen rückgägig zu machen und auf einen funktionierenden Stand mit international vergleichbarer Leistung zurückzukehren und dann neu zu überlegen. Digitale Inhalte in der Schule haben nicht zu einer Leiostungssteigerung geführt oder insgesamt irgendwelche meßbaren Vorteile gebracht und werden deshalb von den ehemaligen digitalen Vorreitern auch schon wieder zurückgefahren.

  14. 41.

    Also, die Schulpflicht, unterliegt nicht der Selbstentscheidung der Eltern, und schon gar nicht der Kinder.
    Wo ein Versagen droht, muss der Staat aus Fürsorgerpflicht gegenüber der betroffenen Kindern eingreifen, und notfalls die Fürsorge auf sich ziehen.
    Die Schulpflicht, das ist das Mindeste was der Staat für das Wohl des Kindes durchzusetzen verpflichtet ist.

    Es gibt Bundesländer wo eine Schlulpflicht bis zum Ater von 18 Jahren gilt, nach allgemeibildenden Schule, folgt die Berufsschule, und es wird sehr darauf geachtet, dass dies auch stattfindet!

  15. 40.

    Das klingt doch mal nach einem erfolgversprechenden Ansatz. 2 Warnschüsse und dann als Staat durchgreifen. Wer mit den Freiheiten und Leitplanken, die der Staat vorgibt nicht umgehen kann, muss die Folgen spüren - wie damals in der DDR. Hatte auch gut funktioniert. Wir brauchten als Staat alle Bürger arbeitsfähig. Entweder die Eltern schaffen diese Aufgabe oder der Staat übernimmt es.

  16. 39.

    Bringt die Schule und Bildung zu den Schülern. Wie wäre es das Schulsystem dahingehend zu reformieren, dass man die Bildung digital nach Hause liefert. Die Kinder zocken doch sowieso den ganzen Tag. Da kann man dann auch Bildungsinhalte digital nach Hause streamen. Die Lernerfolgskontrolle macht man dann ebenfalls digital und schon schonen wir die Umwelt, weil nicht alle sinnlos durch die Stadt fahren. Für alle, die Zuhause keinen Platz haben, kann man in den Bibliotheken "virtuelle Lernräume" schaffen. Man muss ja auch nicht alle gleichzeitig von 8-16h beschulen, sondern in Schichten.

  17. 38.

    Nee Franziska, das, was ich beschrieben habe, findet auch in der Arbeitswelt statt, allerdings mit dem Unterschied, dass Betroffene zum Arzt gehen und sich krankschreiben lassen. Anders wäre die enorme Zunahme psychischer Erkrankungen nicht erklärbar.
    Anders ist auch nicht erklärbar, dass vorzeitige Berentung wegen psychischer Erkankungen in mehr Fällen erfolgt als wegen Beeinträchtigungen durch schwere körperliche Arbeit. Tendenz steigend.
    Wenn in dieser Hinsicht nicht mehr passiert als eine Polizeipatrouille vorbeizuschicken, um Präsenz zu zeigen, wird sich gar nichts ändern. Für Begleittelefone und Frauentaxis reichen die Gründe, ja? Schön, dass reagiert wird. Die Startlinie liegt im Vorfeld.

  18. 37.

    "Wenn sie es nicht hinbekommen, muss der Staat dafür sorgen, dass den Eltern die Kinder zugunsten eines Kinderheims entzogen werden. 2x Warnung, beim 3. Mal einfach handeln, plötzlich werden die Eltern da hinterher sein - jede Wette." Nennt sich Jugendwerkhof, hatten wir schon.

  19. 36.

    Freiheiten kann man nur Menschen geben, die auch verantwortlich im Interesse unserer Gesellschaft damit umgehen können. In den hier beschriebenen Fällen muss man jetzt zum Wohle unseres Staates die Zügel anziehen und die Menschen frühzeitig erziehen, damit es nicht eine Zukunftsgeneration der Versager werden, die wir uns hier heranziehen.

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