Verkehrsberuhigung - Berliner Senat streicht Mitte alle Gelder für Kiezblocks und verlangt Ende des Projekts

Fr. 16.05.25 | 12:45 Uhr
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Archivbild: An der Tucholskystraße / Auguststraße verhindern Poller / Kiezblocks Schleichwege und Durchfahrten und sorgen für Verkehrsberuhigung. (Quelle: imago images/Ritter)
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Video: rbb24 Abendschau | 16.05.2025 | Samira El Hattab | Bild: imago images/Ritter

Mit Pollern, Sperrungen und Fahrradstraßen werden in Berlin einige Straßenzüge verkehrsberuhigt. Der Senat sieht Anliegen von Anwohnern und Geschäftsleuten nicht ausreichend berücksichtigt - und stoppt seine Zuschüsse für weitere Kiezblocks.

  • Berliner Senat streicht Geld für Modellprojekt "Kiezblocks in Mitte"
  • Auswirkungen auf Lieferverkehr und Rettungsdienste sei nicht ausreichend berücksichtigt
  • bestehende Kiezblocks dürfen bleiben, neue werden stadtweit nicht mehr gefördert
  • Grüne, Linke und SPD kritisieren Schritt, AfD begrüßt ihn
  • Kiezblöcke sperren Kreuzungen für Autos, um Durchgangsverkehr zu verhindern

Der Berliner Senat hat dem Bezirk Mitte das Geld für sein Modellprojekt "Kiezblocks in Mitte" gestrichen und ihn aufgefordert das Projekt und alle Planungen zu beenden. Das teilte die Verkehrsverwaltung in einer Pressemitteilung am Donnerstag mit.

Kiezblöcke

Die Idee stammt aus Barcelona. Unter dem Namen "Superblocks" sind dort in den vergangenen Jahren Kreuzungen in Wohnvierteln für Autos gesperrt worden, so dass sie die Knotenpunkte nicht mehr queren können und stattdessen umfahren müssen. Der Durchgangsverkehr entfällt.

Durch Kiezblöcke erhoffen sich Befürworter mehr Lebensqualität durch saubere Luft, mehr Platz etwa für gemeinschaftliche Räume im Freien mit Stadtmöbeln und Bäumen und mehr Verkehrssicherheit. Sie sprechen von einer "Verlängerung des Wohnzimmers der Anwohnerinnen und Anwohner". Gegner kritisieren, so werde der Verkehr behindert.


Senat: Kiezblöcke behinderten Nachbarschaft

Zu wenig sei bei dem Modellprojekt berücksichtigt worden, wie sich die Kiezblocks auf das alltägliche Leben von Anwohnenden auswirke, und inwiefern der Wirtschafts- und Lieferverkehr behindert würde und auch Polizei, Feuerwehr, Müllabfuhr und der öffentliche Nahverkehr, hieß es zur Begründung. Auch werde zu wenig beachtet, dass der Autoverkehr auf benachbarte Kieze ausweicht.

Die Probleme würden "räumlich zu kleinteilig betrachtet und damit in ihrer Gesamtwirkung vernachlässigt", so die Verkehrsverwaltung von Senatorin Ute Bonde (CDU). Hier seien mehr Abstimmungen mit allen Beteiligten notwendig, anstatt nur auf bestimmte Straßenzüge zu schauen.

Aber nicht nur in Mitte sollen die zur Verkehrsberuhigung eingeführten Kiezblocks nicht mehr gefördert werden. Die Verkehrsverwaltung teilt weiter mit, dass eine grundsätzliche Entscheidung getroffen sei, auch für künftige Projekte dieser Art für die gesamte Stadt.

Betroffen von der neuen Regelung wären Kiezblocks, die sich noch in Planung befinden. Alle bereits existierenden Kiezblocks können bestehen bleiben.

Grüne: Senat handelt ideologisch

Der Verkehrsstadtrat von Mitte, Christopher Schriner (Grüne), reagierte gegenüber dem rbb verwundert. Die Begründung sei sachfremd, weil das Projekt im Fußverkehrsplan gesetzlich vorgeschrieben sei und weil mit allen genannten Behörden und Betrieben im Vorfeld gesprochen wurde. Schriner wirft der CDU-geführten Verkehrsverwaltung vor, aus ideologischen Gründen zu handeln.

Schriner will nun prüfen, ob schon beauftragte Arbeiten aus dem Modellprojekt überhaupt noch gestoppt werden können, ohne dass das Land Berlin schadenersatzpflichtig würde. Zudem will der Stadtrat mit der Verkehrsverwaltung beraten, wie es nun weiter gehen kann.

Für die Grünen im Abgeordnetenhaus sprachen Oda Hassespaß und Antje Kapek von einem "massiven Rückschlag für die Verkehrswende". Es stelle sich die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage der Senat das veranlassen dürfe. Eine Sprecherin sagte, dass der Senat Kiezblocks nicht generell ablehne - sie müssten nur gut geplant sein.

Kritik auch von Linke und SPD - AfD lobt Verkehrsverwaltung

Kritik am Senat übte auch der Linke-Abgeordnete Niklas Schenker. "Wie die Axt im Walde kürzt und stoppt der Senat alle Projekte, die für mehr Aufenthaltsqualität in den Kiezen sorgen würden oder den Autoverkehr auch nur geringfügig einschränken."

Ähnlich sieht das SPD-Politiker Tino Schopf: "Die Koalition hat sich auf die Fahnen geschrieben, Verkehrsteilnehmende nicht gegeneinander auszuspielen", erklärte er. "Nun scheint es, als würde eine Politik der autozentrierten Stadt der 1960er Jahre dem Bedarf nach Verkehrssicherheit entgegengestellt." Er trage die "Konfrontationsstrategie der Senatorin" nicht mit, so Schopf.

Der AfD-Verkehrspolitiker Rolf Wiedenhaupt nannte den Schritt hingegen längst überfällig. "Mangelnde Bürgerbeteiligung, teilweise Beschlüsse gegen den ausdrücklichen Wunsch der Anwohner, Behinderung von Polizei, Rettungsdiensten und Gewerbeverkehr - die Gründe, die gegen die Kiezblocks sprechen, sind zahlreich."

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Sendung: rbb24 Abendschau, 16.05.2025, 19:30 Uhr

108 Kommentare

  1. 108.

    Mit ideologisch verbohrtem Handeln kennen sich die Grünen ja aus.

    Und unvergesslich ist, wie flott in sieben Jahre mit grünen Verkehrssenatorinnen die Verkehrswende vorangekommen ist.

  2. 107.

    Nicht jeder, der die spießige Politik der GRÜNEN kritisiert, muß zwangsläufig etwas mit der AFD am Hut haben.
    Capito?

  3. 106.

    … wer kann dafür das du kein Auto hast
    Mach mal Urlaub in Rom , überhaupt nicht mit Berlin vergleichbar und der ÖPNV ist auch noch günstiger …

  4. 105.

    Sehr witzig zu beobachten wie sich jedes Mal bei solchen Artikel die ganze AfD bubble in Bewegung setzt und stumpf irgendwas abwertendes kommentieren muss…
    Anstatt, dass man mal selber Vorschläge macht wie man die Stadt weiterentwickeln kann wird immer nur sinnlos das Wort „Ideologie“ in den Raum geworfen…
    Dazu fällt mir nur ein: „Hier bleibt alles so wie es ist! Egal ob du hier bist und nicht!“

    Ich frage mich ernsthaft woher diese Angst vor Veränderung in der Gesellschaft kommt.

  5. 104.

    "Wir können nicht zulassen,dass einige wenige Ideologen unsere Stadt verpollern. "

    Als Balina würd ick sajen... ham wa wa ditt nicht nen bisken kleena?

  6. 103.

    Wenn jemand Ideologie stündlich praktiziert dann sind es Grüne. Die braucht niemand, kann weg, zusammen mit Ihren Pollern.

  7. 102.

    Verkehrsberuhigung ist ja ok, aber bitte mit Augenmaß, in Absprache mit den Betroffenen, auch Gewerbetreibenden und nicht nach Gutsherrart diese Stausticks wild auf die Straßen nageln. Mit 'n Sattelzug wird man ja eher nicht in diese Gegenden müssen, aber selbst mit einem normalen LKw legt man sich schon die Karten. Den Müllis gehts nicht anders, die Feuerwehr und Rettungsdienste sind auch absolute Fans von den Dingern. Die Sache ist ebenso wenig durchdacht wie die Forderung die Autobahn abzureissen. Das Ergebnis sieht man ja rund um den Funkturm. Dabei haben sich die Fahrten im reinen "Transit" schon deutlich verringert. Das merkt man dann auf dem Ring. Da steht man aber auch ab und an im Stau. Das hat zur Folge, das Touren anders geplant werden, auch Bundes-, Landes- und Kreisstraßen wieder genutzt werden und die dortigen Anwohner dort sich "freuen". Eigentlich wie in Berlin - nur etwas größer. Jeder will seine Sachen haben, am besten gestern, aber kein Verkehr vor der eigenen Türe.

  8. 101.

    "Es wird nur an manchen Stellen wie derzeit im Wedding durch eine ideologische Verkehrspolitik künstlich Stau auf den Hauptstraßen erzeugt... "

    Genau. Deshalb ist in der Seestraße immer Dauerstau, schon VOR der Maueröffnung. Also lange vor Kiezblöcken. Wenn sie Berlin 65 noch kennen müßten sie das wissen.

  9. 100.

    Dafür stellen wir unsere Stadt immer mehr mit Autos zu.
    Danke CDU.

    Hoffentlich kommen wenigstens die automatischen Scanner gegen Falschparker bald nach Berlin.

  10. 99.

    Ein unglaublicher Schwachsinn in einer Großstadt wie Berlin!
    Gut, daß das beendet wird.

    Das Ideal der Grünen ist bekanntermaßen Bullerbü.
    Paßt leider nicht zu Berlin. Kann weg.

  11. 98.

    Bei "Ideologie getriebenen Handeln" sollten die Grünen ganz ruhig sein, die machen das seit langen. Wennam weniger Individualverkehr, worunter auch Fahrräder gehören, solltean den ÖPNV massiv ausbauen. Aber diesen Ausbau verhindern die Grünen ja, weil da mehr als zwei Räder am Gefährt sind.

    Ansonsten sehen diese Poller einfach schrecklich aus, Absperrungen kann man heutzutage auch in schön gestalten.

  12. 96.

    Pflegedienste, Feuerwehren, Rettungsdienst, Handwerker, Lieferdienste usw. werden durch Poller weitaus weniger behindert als durch parkende und im Stau schleichende Privat-Pkws. Bei weniger motorisierten Individualverkehr kämen die genannten Dienste viel schneller an ihr Ziel.

  13. 95.

    Endlich eine vernünftige Entscheidung. Die im Grünen wohnen wollen, sollten doch ins Umland ziehen. Berlin ist eine Stadt und kein Dorf. Vielleicht sollte es einen Zuzugsstop für Berlin geben. Die Stadt ist voll.

  14. 94.

    Das ist glatter Unfug: ein altes Fz ist durch Langzeitnutzung und entsprechender Wartung besser als jedes neu produzierte sinnlose Stadtpanzerteil mit entsprechender Ressourcenvernichtung und Sklavenarbeit für die Battrerien. Mein 19 Jahre alter HDI-Diesel verbraucht außerhalb der Stadt auch ohne km/h-Orgien nur 5,2ltr auf 100km - machen Sie das mal mit einem verlogenen SUV-Hybrid Verbrenner - ich lache Sie aus. Für innerhalb der Stadt habe ich sowieso meine Mopete oder mein Fahrrad.

  15. 93.

    Sorry, ich fahre keinen SUV. Mich kotzt nur dieser Hass auf SUV's an!

  16. 92.

    "Es wird nur an manchen Stellen wie derzeit im Wedding durch eine ideologische Verkehrspolitik künstlich Stau auf den Hauptstraßen erzeugt... "

    Genau. Deshalb ist in der Seestraße immer Dauerstau, schon VOR der Maueröffnung. Also lange vor Kiezblöcken. Wenn sie Berlin 65 noch kennen müßten sie das wissen.

  17. 91.

    Auch wieder ein Denkfehler, wenn Parken nur noch für relativ hohe Gebühren oder gemietet verfügbar ist und die Anwohner vermehrt ihre Privatautos aufgeben, dann ist auf den Hauptstraßen auch nicht mehr Stoßstange an Stoßstange und auch kein ständiges Gehupe, weil selbst die Kreuzungen zugefahren sind und der KFZ Verkehr sich so selber blockiert.

  18. 90.

    Schwachsinn? Wie immer haben die Auto Ideologen kein einziges Argument vorzubringen. Bißchen dünn.

  19. 89.

    Rein rechtlich kann und darf ich auf jeder öffentlichen Straße fahren, egal ob Haupt oder Nebenstraßen. Völlig sinnloses Argument von ihnen.

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