Konzert | Holly Johnson - Nostalgie statt Provokation

Di. 20.05.25 | 09:47 Uhr
Archivbild:Sänger Holly Johnson bei einem Auftritt am 23.03.2024.(Quelle:picture alliance/Panama Pictures/C.Hardt)
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Audio: rbb24 Inforadio | 20.05.2025 | Jakob Bauer | Bild: picture alliance/Panama Pictures/C.Hardt

Holly Johnson wurde in den 80ern bekannt als Sänger der Band "Frankie Goes To Hollywood". Nach längerer Pause tritt er seit den 2010ern wieder live auf. Im Berliner Tempodrom sah Jakob Bauer ein Konzert mit hohem Nostalgie-Faktor, aber ohne große künstlerische Impulse.

Mitte der 80er Jahre waren "Frankie Goes To Hollywood" revolutionär. Musikalisch interessant, ein unruhiger Mix aus Synthpop, New Wave und Art-Pop und vor allem: Mit Leadsänger Holly Johnson und Keyboarder und Background-Sänger Paul Rutherford waren zwei Band-Mitglieder offen schwul.

Homosexualität war damals in der Mainstream-Popkultur noch ein Tabu-Thema, Künstler wie George Michael oder Elton John hatten sich noch nicht geoutet. Frankie Goes To Hollywood hingegen schrieben über Liebe, gegen Krieg und thematisierten relativ offen schwulen Sex. "Relax. Don’t Do It. When you want to come..." - Wenn du kommen willst, relax...

Das Drama ist noch da

Frontmann Holly Johnson ist daher bis heute eine Gallionsfigur der schwulen Szene, auch wenn er nach dem frühen Ende von Frankie Goes To Hollywood als Solo-Künstler wenige wirkliche Erfolge hatte. Auch dieser Abend im Tempodrom lebt klar von der Nostalgie. Das Publikum war in den 80ern und 90ern jung, es ist ihr Soundtrack der Jugend und so besteht die Setlist passenderweise zu zwei Dritteln aus Frankie Goes To Hollywood-Songs, mit ein paar Solo-Songs, die in der Mitte der Setlist platziert sind.

Was früher allerdings zukunftsgerichtete Revolution war, ist bei diesem Konzert ein Feiern wichtiger Momente der Vergangenheit. Das ist nicht verwerflich und es ist auch durchaus beeindruckend, was der 65-jährige Johnson immer noch aus seiner Stimme rausholt: diese Mischung aus rausgefeuerten Sprach-Fetzen, "Hua"-Rufen und ordentlich vibrierendem Drama.

Animationen frisch aus den 90ern

Die Inszenierung ist allerdings eher gediegen – während Frankie Goes To Hollywood früher auch optisch mit queeren schrillen Outfits kokettierten, ist Holly Johnson an diesem Abend in schlichtes Schwarz gekleidet. Nur bei der Zugabe "The Power Of Love" trägt er einen wundervollen schwarzen Glitzermantel mit Glitzerkrone und geht darin richtig auf. Mit ausladenden Gesten trägt er diese immer noch einnehmende Ballade vor.

Etwas mehr von dieser Freude an der Extravaganz, vielleicht auch künstlerisch durchdachter Provokation, eben dem, was Johnson so berühmt gemacht hat, wäre schön gewesen. Denn so ist das gut gesungen, gut von der Band gespielt und gerade bei diesen rastlosen 80er Synthie-Wave-Songs, in denen der Bass richtig schiebt, wenn die Unruhe hypnotisch hin – und herwogt, kommt da auch ordentlich Stimmung rüber. Das geht immer noch in die Beine, das klingt auch 2025 noch nicht oll und im Tempodrom ist dann auch richtig Stimmung.

Aber dann sind da auch die Visuals, die eben schon ziemlich oll und plakativ sind. Erwartbare Kriegsbilder zu Anti-Kriegs-Liedern, Animationen, die wie fresh aus den 90ern wirken, manchmal einfach nur psychedelische Mandalas. Das wirkt altbacken und fällt umso mehr auf, weil die Augen immer wieder zu den Visuals wandern, da auf der Bühne nicht allzu viel passiert: Johnson macht zwar charmante kleine Dance-Moves und hat Präsenz, aber nicht die gleiche wie der junge, grenzüberschreitende Hüpfer in den 80ern.

Trotzdem funktioniert es, wenn auch mit wenigen Impulsen über den Nostalgie-Faktor hinaus. Aber gut, die aufregenden Impulse hat Holly Johnson ja früher schon gesetzt, an diesem Abend kann man sich mit ihm eher gelassen an der niemals alt werdenden "Power Of Love" erfreuen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 20.05.2025, 08:55 Uhr

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