Digitalmesse in Berlin - Republica widmet sich Generation XYZ im Krisenmodus

Mo. 26.05.25 | 07:33 Uhr | Von Stephan Ozsvath
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Besucher der Medienkonferenz Re:publica machen am 26.05.2025 ein Selfie vor dem Generation XYZ-Logo. (Quelle: dpa-Bildfunk/Michael Kappeler)
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Audio: rbb24 | 23.05.2025 | Andre Kartschall | Bild: dpa-Bildfunk/Michael Kappeler

Generationenkonflikt, Radikalisierung, Hass: Diese Dinge sind untrennbar mit dem Internet verbunden. Auf der diesjährigen Digitalmesse Republica sollen daher die Generationen X, Y, Z und ihr Umgang mit digitalen Medien im Fokus stehen. Von Stephan Ozsvath

Alte und Junge sind im Netz, aber nicht auf den gleichen Plattformen. Die am Montag in Berlin startende Digitalmesse Republica wolle das ändern, sagt Gründer Markus Beckedahl, und "darüber reden, wie wir die Generationen wieder zusammenbringen können". Über 200 Veranstaltungen auf verschiedenen Bühnen sollen die Brücken bauen.

Die Wiener Publizistin Ingrid Brodnig etwa wird darüber sprechen, "wie für unterschiedliche Generationen unterschiedliche Falschmeldungen gemacht werden". Sie sieht große Gefahren durch gezieltes Schüren von Empörung. Davon profitierten "Polarisierungsunternehmer" in der Politik, aber auch Medien, die auf massenhafte Clicks setzten (Clickbaiting). In ihrem Werkzeugkasten hat Ingrid Brodnig, die nicht nur Bücher schreibt, sondern auch an Schulen geht, viele Tipps für einen besseren Umgang mit toxischen Inhalten im Netz.

Zehn Jahre TinCon - die kleine Schwester der Republica

"Jugendarbeit" will auch die TinCon leisten, die parallel zur Republica in Berlin stattfindet und zu der 5.000 Gäste zu Workshops, Podiumsdiskussionen und Mitmach-Aktionen erwartet werden. Rund 130 Speaker sprechen über Beauty-Lügen oder eine Etikette im Netz. Es geht um Start-up-Gründung, Künstliche Intelligenz (KI) und den Kampf gegen Fake News.

Wie Jugendliche im Netz besser geschützt werden können, soll die neue Bundesjugendministerin Karin Prien (CDU) beantworten. Auch Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) stellt sich den Fragen der jüngeren Generationen. Fans können aber auch ihre Lieblings-Influencer treffen.

Die "Vermittlung von Medienkompetenz, Förderung von Demokratie und Stärkung der Ziele und Anliegen von Jugendlichen" seien anlässlich der zehnten Ausgabe der TinCon "wichtiger denn je", sagt TinCon-Gründer Johnny Haeusler und nennt die Herausforderungen durch KI, aber auch durch die Politik.

Wahlkampf 2.0, digitaler Faschismus und Broligarchie

Bei der letzten Bundestagswahl hatten AfD und Linke den größten Zuspruch unter Jungwählern - ist Wahlkampf 2.0 die Zukunft? Darüber wird Heidi Reichinnek, die Follower-Queen der Linken, sprechen.

In diesem Jahr - so zeigt der Blick auf das Republica-Programm - ist die Digitalkonferenz mehr denn je Krisenbarometer. Es gebe einen weltweiten Trend zum Autoritarismus, stellt Republica-Gründer Beckedahl fest: "Rechtsreaktionäre Kräfte" nutzten die Mechanismen der sozialen Plattformen, "um ihre Propaganda in unsere Gesellschaften zu bringen, sie zu vergiften - mit dem Ziel, Demokratie zu zerstören". Er sagt das mit Blick auf die USA, wo die Macht der Tech-Unternehmen immer weiter zunehme - "unter dem Schutzschirm von Donald Trump".

Ines Schwerdtner, Heidi Reichinnek und und Jan van Aken jubeln auf der Wahlparty der Linken zur Bundestagswahl 2025 (Quelle: dpa/Carsten Koall)
Die Linke konnte bei der Bundestagwahl 2025 um 3,9 Prozentpunkte auf 8,8 Prozent der Stimmen zulegen. Maßgeblich Anteil daran hatte Heidi Reichinnek (Mitte), der rund 665.00 Profile auf Instagram folgen. | Bild: dpa/Carsten Koall

Auf dem Weg zum digitalen Faschismus?

"Der Faschismus ist zurück" ist die Wiener Politologin Natascha Strobl überzeugt und nennt Tesla-Chef Elon Musk als typischen Vertreter. Der Chef von X und Tesla verkörpere eine "Übermenschen-Ideologie", sagt sie. Mächtige Unternehmer wie Elon Musk, Amazon-Chef Jeff Bezos oder Facebook-Gründer Mark Zuckerberg mögen keine Regulierung.

In "Freedom Cities", maßgeblich von Paypal-Gründer Peter Thiel vorangetrieben, sollen regulierungsfreie Räume entstehen. Thiel hat in eine Insel in Honduras bereits investiert. "Freedom Cities" seien feudale Kolonien, in denen "Reiche alles dürfen und Arbeiter keine Rechte haben", urteilt Politologin Strobl. Thiels Überwachungssoftware Palantir wird von immer mehr europäischen Sicherheitsbehörden genutzt.

Dabei würden Daten eingespeist, "die möglicherweise auch einmal gegen uns gerichtet werden können", befürchtet Markus Beckedahl. Europa müsse deshalb dringend unabhängiger von den US-Tech-Giganten werden, eine eigene digitale Infrastruktur aufbauen, mit dezentralen sozialen Netzwerken. Denn nicht nur die Macht der Tech Bros nimmt zu, auch die Beziehungen zum Weißen Haus sind angespannt durch Zollkriege und eine unklare Geopolitik gegenüber dem europäischen Kontinent. Was Donald Trump im Weißen Haus für die Sicherheit und die Wirtschaft in Europa bedeutet, diskutieren Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU), der Bundesbankpräsident Joachim Nagel und hochrangige EU-Gäste auf dem WDR-Europaforum.

Ein "gutes Internet" schaffen

Eine Regulierung der großen US-Tech-Unternehmen täte in Europa Not, meint Republica-Gründer Beckedahl. Denn die werden immer dreister. Um die hauseigene KI zu trainieren, hat etwa Facebook-Mutterkonzern Meta Bücher aus illegalen Datenbanken benutzt - ohne die Autoren zu fragen. Ingrid Brodnig ist davon betroffen, Markus Beckedahl auch.

In Österreich und Deutschland haben wegen des politischen Engagements von Elon Musk für Trump und die AfD Institutionen und Medienschaffende die Plattform X verlassen, die unter Elon Musk immer mehr zur rechtsextremen Echokammer verkommt.

Das Unternehmen X wollte mit der Republica kooperieren, sagt Markus Beckedahl, er habe die Anfrage aber gar nicht erst beantwortet. "Faschisten geben wir keinen Raum auf der Republica." Das jährliche Digitaltreffen solle stattdessen "Hoffnung geben" auf eine "bessere digitale Welt". Deswegen bekämen Menschen eine Bühne, die dem weltweiten Rechtsruck und Autoritarismus etwas entgegensetzten - etwa durch den Civis-Medienpreis, der Vielfalt belohnt.

Aber der Gründer von Republica und netzpolitik.org hat auch eine NGO (Nichtregierungsorganisation) gegründet: das Zentrum für Digitalrechte und Demokratie. Das soll ein Gegenwicht zu Tech-Lobbygruppen wie der Bitkom sein, so Beckedahl zu seinen Plänen. Ziel ist eine "gemeinwohlorientierte Digitalpolitik" als Antwort auf die Big-Tech-Unternehmen aus den USA, die "zu politischen Akteuren werden, aber ohne demokratische Kontrolle". Auf der diesjährigen Republica fällt der Startschuss für die neue NGO.

Republica-Gründer Markus Beckedahl steht bei der Messe 2024 auf der Bühne (Quelle: Mark Zuckerberg möchte an Ihre Daten)Markus Beckedahl ist Journalist mit dem Fokus auf Netzpolitik und betreibt eine PR- und Unternehmensberatung. 2007 begründete er die Digitalmesse Republica mit. Er ist Mitglied der Grünen.

Sendung: rbb24, 23.05.2025, 16 Uhr

Beitrag von Stephan Ozsvath

18 Kommentare

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  1. 18.

    So ein polemischer Unfug! Sie können (bezahlten) Bildungsurlaub nehmen, wenn Sie die Veranstaltung besuchen möchten.
    Ex-BILD- Reichelt nennt sie "lupenrein linksextremistisch", und seine Claquere bejubeln das kritiklos.

  2. 17.

    "Kinder und Jugendliche brauchen Freizeit, die sie selbst gestalten dürfen und auch Dämlichkeiten machen gehört ab und zu dazu"
    Das sagen Sie mal den Helikoptereltern heute! ;-))
    Ich habe ne Bekannte, die passt sogar auf, mit wem ihr kleiner Sohn im Kindergarten alles Umgang hat, damit auch nichts und niemand die rosarote Harmonie, die sie um ihren Sohn ausbreitet, stört oder stören könnte.
    Dass Kinder heute mehr mit elektronischem Spielzeug statt wie unsereins mit mechanischem Spielzeug Umgang hat, ist per so ja nicht schlecht. Schlecht wirds, wenn das Kind nur zum Zugucken animiert wird und nicht zu einer kreativen und/oder lernenden Interaktion. Und natürlich ist die Spielezeit durch den Tagesalltag auch zu begrenzen. Die soziale Interaktion mit Eltern und anderen Menschen muss ein Teil des Alltags sein.

  3. 15.

    Ich bin der Meinung, dass Kindern nicht genug zugetraut wird. Es geht nicht um den Sportverein, wo ein Trainer sagt, was gemacht wird. Vor etwa 15 Jahren waren meine Enkel Kindergartenkinder. Dort wurde eine Woche lang das Spielzeug weggeschlossen. Grund: Die Kinder sollten kreativer werden, miteinander spielen, dabei lernen, dass viele Spiele nur mit der Gruppe spielbar sind, also Kommunikation nötig ist und Kompromisse möglich sind. Das abrupte Ende der Reizüberflutung durch zuviel Spielzeug sorgte dafür, dass sie weniger stritten und das Sozialverhalten viel besser wurde. Es muss nicht nicht alles geregelt und überwacht, mit Vorgaben und Erwartungen bestückt werden bis zum 18. Geburtstag. Kinder und Jugendliche brauchen Freizeit, die sie selbst gestalten dürfen und auch Dämlichkeiten machen gehört ab und zu dazu, genau wie dann dafür geradestehen.

  4. 14.

    Wenn man in Deutschland Dinge nicht hören möchte, hält man sich einfach die Ohren zu.
    Oder man schafft immer neue Verbotszonen.
    Das ist als wenn man eine Wand in die Elbe baut, in der Hoffnung, dass kein Wasser mehr fließt.
    Dazu kommt das Geschäftsmodell mit Problemen in Deutschland.
    Erst ordentlich Kasse machen, bevor man die Ursachen bekämpft.

  5. 11.

    Negativ durchs leben gehen ist viel bequemer. Wer negativ durchs Leben geht, muss nicht loben, wertschätzen, anerkennen. Er muss nur negativ sein.

  6. 10.

    Ich bin auf der Veranstaltung, wer noch?

  7. 9.

    Irgendwie merkt man, dass Beckedahl Journalist ist. Die Themen der re:publica sind gefühlt immer negativ. Vielleicht denkt er (gelernt), dass das so sein müsse, damit sich dasselbe Format jedes Jahr verkaufen lässt.

  8. 8.

    Genau deshalb sollte man Kinder in Sportvereinen anmelden. Ach so, es gibt zu wenig Sportstätten. Na, dann spielen sie eben auf dem Bildschirm. Das Geld brauchen wir ja für die Stadtautobahn.

  9. 7.

    Wusste ich doch gleich, das Internet ist schuld :-), nicht die Personen, die den lieben langen Tag darin auf der Suche nach Gleichgesinnten sind und dort Freunde finden, von denen Oma behauptet, es wären die falschen. Wer aber im wahren Leben weder Freunde noch Gesprächspartner findet, ist arm dran und nur er selbst ist der Schuldige. Kontaktspray hilft nicht. Die übermäßige Nutzung von Social Media trägt ganz entscheidend zum gesellschaftlichen Bruch bei, sogar innerhalb einer Generation. Ich war kürzlich Gast eines 9. Kindergeburtstags und hatte den Eindruck es sei eine Konferenz. Alle Gören starrten auf ihre Tablets oder Smartfones, Gespräch nicht möglich, völlig losgelöst von der Erde...aber die Eltern haben ihre Ruhe, bis sie die eben nicht mehr haben, weil Oma vergeblich warnte.

  10. 6.

    Sie suchen grüne oder linke Plattformen? Bestimmt gibt's die. Also, im TV - Bereich könnte ich da ARD und ZDF empfehlen.

  11. 5.

    Nee, die haben einfach keine Lust Erwachsen zu werden und sich somit den Problemen des Lebens zu stellen.

  12. 3.

    Der Artikel 5 des Grundgesetzes ist ihnen in allen drei Absätzen bekannt? Schranken sind vorhanden, ein Verbot obsolet. Ähnliche Verbotsbestrebungen und Phantasien sind nicht neu. Sie begannen als Folge der "Massennutzung" des Internets schon 2002 unter dem Düsseldorfer Regierungspräsidenten Jürgen Büssow vor ähnlich gelagertem inhaltlichen Hintergund. Andy Müller-Maguhn dazu "..."offenbar selbst bei wohlwollender technischer Betrachtung als sinnfreier Aktionismus herausgestellt. Jetzt ist es allerdings notwendig, auf breiter gesellschaftlicher Basis sich mit Problemen wie Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit auseinander zusetzen, die man durch Filter nicht löst." . Damals wie heute stimmen seine Worte vollumfänglich, der Begriff "Filter" ist durch "Verbot" austauschbar. Jedem auch nur halbwges versierten Nutzer ist es ein Leichtes Verbote, also Filter oder Sperren zu umgehen.

  13. 2.

    "Den Social-Media-Plattformen , die die Demokratie zerstören wollen, müssen Grenzen gesetzt werden." - ich bitte um die Angabe von Alternativen!
    Gib es denn rein demokratische, Grüne oder linke Social-Media-Plattformen?
    Wenn denn dann, wie findet man diese?
    Würde mich über Beispielangaben freuen.

  14. 1.

    Den Social-Media-Plattformen , die die Demokratie zerstören wollen, müssen Grenzen gesetzt werden.

    Klare Ansage, bis hierhin und nicht weiter, sonst droht ein Verbot!

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